Abzug von Prozesskosten
veröffentlicht am 06.01.2021
Zivilprozesskosten sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn in dem jeweiligen Prozess die Existenzgrundlage des Betroffenen berührt ist. Darunter ist die materielle Lebensgrundlage zu verstehen, so dass die Kosten für einen Umgangsrechtsstreit grundsätzlich nicht absetzbar sind.
Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten. Der Gesetzgeber hat den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ausdrücklich ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Sachverhalt: Der Kläger machte rund 20.000 € an Prozesskosten für einen Umgangsrechtsstreit als außergewöhnliche Belastungen geltend, nachdem seine frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach Südamerika mitgenommen und nicht nach Deutschland zurückgebracht hatte.
Entscheidung: Der BFH wies die auf den Abzug der Kosten gerichtete Klage ab:
- Die geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten sind Prozesskosten, die nach dem Gesetz nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr laufen würde, seine Existenzgrundlage zu verlieren.
- Der Gesetzgeber meint damit die materielle Existenzgrundlage. Es geht nicht um immaterielle Werte des Steuerpflichtigen wie etwa seine Überzeugungen oder Wertvorstellungen.
- Der Umgangsrechtsstreit betraf hier die materielle Existenzgrundlage des Klägers nicht, weil es nicht um finanzielle Ansprüche, sondern um das Umgangsrecht mit dem Kind ging.
Hinweise: Der BFH sieht in der Abzugsbeschränkung für Prozesskosten keinen Verfassungsverstoß. Denn Prozesskosten gehören grundsätzlich nicht zu dem einkommensteuerlich zu verschonenden Existenzminimum. Soweit Prozesskosten zur Existenzsicherung notwendig sein sollten, lässt der Gesetzgeber den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausdrücklich zu.
In einem weiteren Verfahren hat der BFH die Kosten für einen Arzthaftungsprozess ebenfalls nicht zum Abzug zugelassen. Auch hier war nicht die materielle Existenzgrundlage der dortigen Klägerin berührt, vielmehr ging es in erster Linie um den Ersatz eines immateriellen Schadens (Schmerzensgeld).
Die Abzugsbeschränkung für Prozesskosten, die die materielle Existenzgrundlage betreffen, wurde ab dem Jahr 2013 eingeführt. Vor der Gesetzesänderung waren auch Scheidungskosten sowie Prozesskosten, die den Kernbereich menschlichen Lebens betreffen (z. B. für einen Familienrechtsstreit), absetzbar.
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